Manchmal fühle ich mich, wie in einer düsteren Science Fiction Geschichte, die mir aber gar nicht so düster vorkommt. Wenn ich vor noch 2 Jahren jemandem erzählt hätte, dass ich mich bevor ich zur Arbeit fahre am Küchentisch auf einen Virus teste, er hätte mir nen Vogel gezeigt und mich gefragt, aus was für einer Geschichte ich den sowas her hätte. Ich muss an diese ganzen Endzeitgeschichten denken, auch ans Endzeit LARP (Live Action Roleplaying), von dem ein Freund erzählte. Die hatten dort Strahlenmessgeräte nachgespielt. Ich muss auch an den einen Deppen in den Geschichten denken, der infiziert ist und ausbricht und dadurch eine weltweite Pandemie auslöst.
Ich muss daran denken, dass ich vor einer ganzen Weile noch ein Spiel am Handy gespielt hatte, in dem es um Zombies ging. Zombies, die infiziert waren und andere wieder infizieren konnten. Ich ziehe seltsame Parallelen in meinem Kopf. Ich erinnere mich an letztes Jahr, als Autos durch die Straßen fuhren und per Sprechanlage mitteilten, dass man zu Hause bleiben sollte soeben es geht. Händewaschen, Abstand und: „Bitte tragen sie eine Maske!“ durch die nahezu leeren Straßen hallte. Auch im Radio kamen immer wieder Aufforderungen und Mitteilungen. – Ihr Bundesministerium für Gesundheit.
Ich finde das heute noch gruselig und fühlte mich dann wie in einen Film versetzt. Irgendeinen, mit Zombies. Aber die blieben aus. Ich meine Zombies im Gehirn gibt es viele. Verweigerer, besorgte Bürger, Impfgegner und Leugner, Masken unter der Nase Träger…. Jeder hat da Andere die er so betiteln würde. Aber die richtigen Zombies, die mit der fauligen Haut und den blinden Augen, die Gehirne fressen und andere beißen kamen irgendwie nicht. Und das was mir an den Geschichten und Filmen immer so befremdlich war, nämlich das völlig andere Leben, mit Einschränkungen, Hygienevorschriften und Angst um das eigene Leben und das der Familie, das ist inzwischen für uns normal. Aber die Zombies sind nicht da. Das ist doch schon mal positiv, denke ich mir jetzt. Alles Andere ist gar nicht so düster wie ich das immer in den Geschichten empfunden habe. Es ist normal geworden Termine im Laden zu machen und vor Eintritt zu beweisen, dass man nicht infiziert ist, Fiebermessstationen, ständiges Desinfizieren und Händewaschen, auf Abstand zu gehen etc. Was eine verrückte Welt.
Und so sitze ich zweimal die Woche morgens in der Küche und popel mir mit diesem Stäbchen in der Nase rum, bevor ich in die Schule fahren kann. Während ich die Butterbrote fertig mache, klettert die Flüssigkeit den Teststreifen hoch und wenn ich fertig bin, bin ich hoffentlich nicht schwanger. Nein, Scherz beiseite, dann ist da hoffentlich nur ein Strich. Denn zwei würden bedeuten, dass ich vielleicht positiv bin. Tja, und dann? Ich bin noch nicht geimpft. Wenn sich der Test durch den Arzt bestätigt, was passiert dann? Sterbe ich? Oder bekomme ich nur eine Grippe oder vielleicht gar nichts? Was ist mit meiner Familie, meinem Mann, meinem Sohn? Ich weiß es nicht. Ich möchte es auch nicht erleben, nicht auf der Zielgeraden zum Impfen, die ich gerade vor mir sehe.
Und dann frage mich, ob sie in 30 Jahren einen Film über die Zeit drehen werden. So wie jetzt gerade die Serie über Tschernobyl auf Netflix läuft, läuft dann: COVID 19 – die große Pandemie. Wir sitzen dann gespannt vor dem Fernseher und essen Chips und Popcorn. „Krass Oma“ Höre ich dann vielleicht….
Nur, dass ich dabei war, Leute kenne, die Familienmitglieder durch das Virus verloren haben und selbst erkrankt sind und Langzeitschäden davon getragen haben. Einfach Leid erlebt haben, entweder aktiv durch das Virus oder passiv durch Verordnungen, Verbote und daraus resultierenden Existenzängsten. Und dann kommen mir beim Schreiben dieser Zeilen die Bilder aus Indien in den Kopf, die vor ein paar Tagen in den Nachrichten waren. Die Frau, die verzweifelt ihren Bruder geschüttelt hat, damit er nicht einschläft. Ihren Blick kann ich nicht vergessen. Angst, Verzweiflung und Sorge. Wenige Minuten später starb ihr Bruder, wurde berichtet.
Und dann denke ich mir: Was leben wir in einer Blase! Ich lebe in einer Blase! Die Blase der Glückseligkeit. Eigenes Haus, ein Kind, viel Platz und zwei sichere Jobs mit Homeofficemöglichkeit. Ich beschwere mich nicht, dass ich nicht einkaufen kann, wir unser Kind selbst irgendwie beschulen müssen, weil ein Video Vormittags eben nicht Schule ausmacht, wir nicht zum Frisör dürfen und uns alles nicht schnell genug geht mit dem Impfen. Schön ist das alles nicht, aber eher unangenehm als schlimm. Und ja, es geht auf die Psyche und ist fast nicht ertragbar. Keine Kontakte, keine Nähe, nur zu Hause, und wenn nicht dann immer mit der kleinen Angst im Bauch, wenn man zur Arbeit oder zum Einkaufen geht. Und ich weiss, das es auch hier in Deutschland vielen Menschen anders ergeht als mir.
Aber trotzdem sind wir alle nicht diese Frau, die verzweifelt ihren Bruder schüttelt, damit er nicht einschläft und es dann zum letzten Mal doch tut. Weil keine Ärzte und Kranenhausplätze da sind, weil keine Schutzmaßnahmen verordnet wurden, weil kaum Hygienevorschriften da sind.
Ich warte die letzten Monate mit meinem inzwischen schwachem Nervenkostüm auch noch brav alle Vorschriften einhaltend ab und hoffe, das nicht doch noch Zombies auftauchen. Es geht ja voran und das ist gut so. Und versucht alle gesund zu bleiben.
Und was das jetzt mit Basteln zu tun hat? Nichts. Ich musste einfach mal meine Gedanken los werden.